Eine Woche vor seinem 5. Geburtstag fällt es mir plötzlich ein und in einer plötzlichen Gefühlsaufwallung sage ich zu meinem kleinen Sohn in einer festen Drückung: „Schatzi, du wirst nächste Woche 5 Jahre. Wie gibt’s das? Wo ist die Zeit hingekommen?“ Darauf er ganz gelassen: „Die haben wir hinter uns gelassen, Mama.“ Und er hat recht. Ein sehr weiser Satz für einen noch nicht ganz 5-Jährigen. „Die haben wir einfach hinter uns gelassen.“ Was ist eine Woche, ein Monat, ein Jahr, fünf Jahre? Ein paar Mal mit den Augen zwinkern und schon ist es vorbei. So schnell ziehen die Jahre vorbei, es passiert einfach zu viel an einem Tag, die Zeit läuft einem davon.
Umso mehr sind wir uns alle innerhalb der Familie einig, dass dieser und alle künftigen Geburtstage ordentlich gefeiert werden sollen. Also gibt es zwei Tage vor dem eigentlichen Geburtstag eine Familiengeburtstagsfeier mit Erwachsenen und einen Tag vorher eine Kindergeburtstagsfeier, womit wir richtig im Thema wären. Ich stelle ihm frei, 5 Kinder einzuladen und spontan, schnellentschlossen und selbstbewusst wie er eben ist, nennt er ohne zu zögern 5 Namen, er weiß ganz genau, wen er einladen will. Also diese Eigenschaften hat er ganz sicher nicht von mir. Aber er war schon immer so. Und alle sagen zu und keiner wird krank. Also kommen mit einigen Minuten Abstand fünf süße Kinder zu uns, ich kenne sie ja alle aus dem Kindergarten. Diese eine Bestimmte – die geeichte Leserin weiß von wem ich spreche – Marie-Therese – ist natürlich auch dabei. Sie erscheint wieder mal ganz elegant in einem gehäkelten weißen Kleid mit kurzen Ärmeln. Sie sieht bezaubernd aus – wie immer. Ihr Geschenk ist sooo süß, ein Bilderrahmen-Set, bestehend aus 4 Bildern, zwei von ihr, eins von meinem Sohn und eines von beiden, wie sie sich grad wieder mal umarmen. Sehr schön.
Ich habe mir schon ein paar Kuchen überlegt, die ich für meinen Sohn backen könnte, doch zu meiner Überraschung will er gar keine – von mir – sondern der Papa soll eine backen. Na gut, ist mir auch recht. Meine Cousine meint dann, nachdem sie das Foto gesehen hat: „Wow, das ist deine bisher gelungenste Torte.“ Ja, danke – nur halt leider nicht von mir. Eine Freundin, die ab und zu auf meinen Sohn aufpasst, hat auch eine Torte für ihn gemacht und als Überraschung bringt Marie-Therese eine von ihrem Papa selbst gemachte, absolut tolle Motivtorte mit! Unglaublich !!!
Die Party ist angesetzt für drei Stunden, das erscheint nicht so viel, aber ich muss ehrlich sagen, ich habe mehrmals auf die Uhr geschaut, und dachte wieder einmal dass die Kindergartenpädagoginnen echt voll unterbezahlt sind. Sie haben meine totale Wertschätzung und Hochachtung für ihre Arbeit. Meine 5 süßen Gäste sind ja wirklich lieb, einzeln, und verständig. Aber es gibt wahrscheinlich einfach zu viel Spielzeug bei uns und innerhalb kürzester Zeit sind alle mit Pfeil und Bogen oder Holzgewehren bewaffnet. Bälle fliegen im Wohnzimmer herum, ein Junge, besonders lebhaft, will immer in das Obergeschoß entfliehen und immer, wenn ich ihn rufe, springt er von der Stufe 5 oder 6 wieder ins Wohnzimmer zurück. Marie-Therese ist plötzlich weg und ich finde sie unter einem Kissenberg, die anderen Kinder haben sie etwas eingegraben. Ich hab Angst, dass sie böse ist, aber sie lacht laut und findet das sehr lustig. Meine Nerven liegen blank. Ich wusste, es wird kein Zuckerschlecken, aber darauf war ich nicht vorbereitet. Noch dazu alles untermalt mit ohrenbetäubendem Kreischen oder man könnte auch sagen, Schreien, Quietschen, Jaulen, oder ähnlichem. Mir fällt auf, wie brav und ruhig mein Sohn ist, wenn wir alleine sind. Irgendwann gibt es Kuchen und Kakao und ich denke, das bringt sie zur Räson, aber nach ca. 6 Minuten sind sie fertig damit und weiter geht’s mit klebrigen Fingern. Dann müssen 3 gleichzeitig aufs Klo, keiner kann warten, wir haben aber nur zwei Möglichkeiten. Wie schaffen Mütter mit mehreren kleinen Kindern den Alltag? Wie schaffen sie das tägliche Überleben? Ich weiß wieder, warum zwischen meinen Kindern knapp 10 Jahre liegen, ich bin offensichtlich nicht wirklich für die gleichzeitige Betreuung mehrerer Kinder geeignet. Ich höre mich ständig sagen: „nicht so schnell laufen, runter von der Treppe, nicht auf andere zielen, Hände waschen, wer muss aufs Klo?“. Nach ca. 1,5 Stunden bin ich total fertig. Mein Mann ist stressresistenter und geht mit der ganzen Bande auf den Dachboden, da gibt es noch ein Spielzimmer, ich höre nur lautes Trommeln, Gepolter, Lachen und Kreischen. Ich muss mich plötzlich ganz dringend um die Wäsche kümmern. Das Wäsche sortieren bringt mich wieder ins Gleichgewicht, oder vielleicht liegt es auch daran, dass die Geräusche im Keller nur mehr sehr gedämpft zu mir dringen. Also ich muss ehrlich sagen, ich habe oft sehr viel gearbeitet, die Bilanzzeit ist auch nicht gerade stresslos, ich mache oft sehr viele Dinge gleichzeitig und auch unter Zeitdruck, aber ein Kindergeburtstag ist echt anstrengend, wenn man nicht grad selbst das Kind ist.
Der kleinen Magdalena sind die anderen dann auch zu wild und sie setzt sich zu mir in die Küche, sie malt neben mir und wir haben kurz Zeit für Frauengespräche. Nachdem ich ja in meinen Haushalt normalerweise „nur“ 3 Männer habe, ist das ein echt schönes Erlebnis. 😉
Das 1. Kind will nachhause, super, wir rufen sofort die Mutter an! Tommi, abgeholt! Die Mutter fragt, ob wir einen Animateur hatten? Wie bitte? Ach so, das wäre eine Möglichkeit gewesen. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Wir sind ja ziemlich die einzigen heutzutage, die einen Kindergeburtstag zuhause organisieren, also eben nicht organisieren, darauf vertrauen, dass Kinder einfach miteinander spielen und unter Aufsicht und gelegentlichem Einschreiten geht das ja auch ganz gut. Andere 5jährige laden zum Mittagessen ins Gasthaus ein, mit Zauberer und organisiertem Kinderprogramm. Oder gehen zu McDonald‘s, da wird auch alles organisiert. Oder gehen in eine Pizzeria oder lassen Pizza liefern. Alles bis dato von mir milde belächelt, aber ich muss sagen, seit heute sehe ich das anders, ganz anders. Ein Kindergeburtstag ist DIE Herausforderung des Jahres oder um es frei nach Qualtinger zu sagen: „Kindergeburtstag – das nenn i Brutalität.“ J