Die Mohntorte – Plagiat oder schon meine (Original „Mohntorte mit Zuckerglasur“ v. „frisch gekocht“, November 2015, Seite 49)
Ich staune ja immer wieder aufs Neue, wie viele Leute so wahnsinnig kreativ sind den ganzen lieben Tag. Ich sehe täglich unzählige Bilder, gepostet auf Instagram oder Facebook, Kuchen, Torten, mit den Worten „Rezept auf meinem Blog“. Und diese sicher talentierten, manchmal sogar unglaublich talentierten ZuckerbäckerInnen wollen uns wirklich weißmachen, dass sie sich täglich diese Rezepte aus den Fingern saugen – einfach so – quasi aus dem Nichts heraus. Das glaube ich einfach nicht.
Ich liebe das Magazin „frisch gekocht“. In den ersten Tagen eines neuen Monats freue ich mich schon so auf einen Einkauf bei Billa, weil ich mir (als Billa-Treuekundin sogar gratis) das neue Heftchen mit nachhause nehmen kann und es gar nicht erwarte, die neuen Rezepte zu lesen. Und staune wieder und wieder, wenn ich 99% deckungsgleiche Rezepte kurz darauf auf instagram lese mit den Worten: „ich hatte so Lust auf Mohntorte z.B. und dann habe ich einfach eine gemacht“ und dann kommt genau dieses Rezept – ganz leicht variiert. Das ist ja klar, dass sich die HobbybäckerInnen nicht täglich neue Rezepte ausdenken können und diese dann auch noch nachbacken, aber warum behaupten sie es denn? Ist denn schlichtes Nachbacken schlechter als angebliches Ausdenken und Backen? Wäre es weniger toll, zu schreiben, ich hab heute das Rezept von „frisch gekocht“ aus der neuesten Ausgabe nachgebacken. Probiert es doch auch, hier habe ich für Euch das Rezept abgetippt. Oder ist es ein rechtliches Problem? Darf man das nicht sagen? Also lieber kreativ tun und lügen. Ich denke, manche glauben es ja selbst schon, wenn sie statt Haselnüssen laut Rezept z.B. Walnüsse verwenden, damit ein neues Rezept „erfunden“ zu haben. Also ich finde diese ganze Entwicklung etwas krank. Es hat sowas wie nur mit Doping im Spitzensport zur Spitze zu gehören. „Ich kann nicht nur gut backen, ich bin auch die Kreativste und denke mir täglich neue Rezepte aus.“. Also ich mach da nicht mit.
Ich spiel ja ohnehin mit offenen Karten, weil ich ja ganz offiziell das Backbuch „Vollpension“ NUR nachbacke und einer konstruktiven Kritik unterziehe und mir dann erlaube, einzelne Zutaten zu verändern, wenn ich der Meinung bin, so könnte es noch eine Spur besser schmecken. Trotzdem bleibt es für mich das Rezept von der „Vollpension“. Ist es bei den Rezepten wie bei Masterarbeiten im Studium, daß es als Plagiat eingestuft wird, sobald – keine Ahnung – 91% Deckungsgleichheit zu bestehenden Rezepten besteht? Wäre interessant wie das noch weitergeht, bei dem Backhype, der derzeit überall besteht, könnte ich mir vorstellen, dass es bald solche Computer-Programme geben könnte, die jedes Rezept auf jedem Foodblog auf Plagiatsverdacht untersucht.
Naja, mir kann es egal sein. Ich bin Buchhalterin, ich muss nicht kreativ sein. Kein Mensch erwartet das von mir. Ordentlich, zuverlässig, bodenständig, ehrlich, genau – das reicht. Und so halte ich es beim Backen auch. Ich interessiere mich manchmal für einen bestimmten neuen Kuchen. Die Kreativen unter uns Backkünstlerinnen würden jetzt so viele Versuche machen, bis er so schmeckt, wie es schmecken soll (oder auch nur einen einzigen). Ich als mathematisch interessierte Person, die Statistiken liebt, bleibe lieber beim Durchschmökern von allen möglichen Backbüchern und natürlich auch online, statt in der freien Feldforschung tätig zu werden. Ich lese dazu ALLE Rezepte, die ich in der gegebenen Zeit finden kann, dann schränke ich auf ca. 3-5 Rezepte ein, die mir sinnvoll und nachbackungswürdig erscheinen, rechne in Gedanken einen Durchschnitt über diese best of und das ist dann mein Rezept für den neuen Kuchen. Ist dieses Rezept dann mein geistiges Eigentum? Wahrscheinlich schon.
Jetzt bin ich doch etwas abgeschweift. Also eigentlich wollte ich nur erzählen, dass ich im November 2015 auf eine Mohntorte gestoßen bin (im damals neuen „frisch gekocht“) und dieses Rezept hat sofort meine Neugierde erregt. Wir hatten in Bälde Besuch von meiner „glutenfreien Freundin“, die Mohn liebt und damit war klar, diese Mohntorte wird gebacken. Seit diesem denkwürdigen Tag habe ich sie sicher 20 Mal nachgebacken, inzwischen inhaltlich etwas verändert, total neu gestylt und ich muss sagen, sie kommt jedes Mal supergut an, sie ist sozusagen mein persönlicher Bestseller. Deshalb möchte ich sie Euch unbedingt vorstellen. Es gibt sie bei mir in der Originalvariante (in der Mitte Preiselbeermarmelade und oben Zuckerguß) oder aber auch gerne statt in der Mitte obenauf mit Heidelbeermarmelade, mit frischen Heidelbeeren und/oder Himbeeren, zusätzlich mit Zuckerguss oder ohne. Sie schmeckt immer traumhaft. Ich kenne eigentlich keine Mohntorte, die besser ist. Deshalb heute für meine LeserInnen mein leicht abgewandeltes Rezept, das Original könnt ihr unter „frisch gekocht“, Ausgabe November 2015, Seite 49 gerne nachlesen.
Zutaten für 1 Torte mit 26 cm Durchmesser:
- 230 g sehr weiche Butter
- 200 g Feinkristallzucker
- 1 Pkg. Vanillezucker
- 7 Eier
- 230 g gemahlener Mohn
- 120 g geriebene Haselnüsse oder Walnüsse
- 1 Prise Zimt
- 70 ml Rum
ev. eine Zitronenglasur aus:
- 1 EL Zitronensaft und 50 g Staubzucker
- und Schlagobers geschlagen mit 1 P. Vanillezucker
Zubereitung:
Backrohr auf 180 °C (Ober- u. Unterhitze) vorheizen. Den Boden einer Springform mit Backpapier belegen oder einfetten. Eier trennen. Butter, 2/3 v. Feinkristallzucker und 1 P. Vanillezucker in einer Schüssel ca. 5 Minuten sehr schaumig schlagen. Die Dotter nun einzeln zur Buttermasse dazugeben, jedes Mal ordentlich rühren (ca.1 Minute). Dann Mohn, Nüsse, Zimt und Rum dazugeben, diese Zutaten nicht mit dem Mixer, sondern nur mit einem Quirler eher zart einrühren. In einer extra Rührschüssel die Eiklar steif schlagen, dann restlichen Kristallzucker (1/3) unter den Schnee schlagen. Ein Drittel des Eischnees zügig unter die Butter/Mohn/Dotter-Mischung ziehen, bis eine glatte Masse entsteht. Dann den restlichen Eischnee vorsichtig unterheben. Die Masse fühlt sich luftig und flauschig an. In eine Springform füllen und auf unterster Schiene ca. 55 Minuten backen.
Torte dann in der Form ca. 5-10 Minuten überkühlen lassen. Auf ein Gitter stürzen und ganz auskühlen lassen.
Großzügig mit Heidelbeermarmelade bestreichen und mit frischen Heidelbeeren und/oder Himbeeren garnieren. So könnte man sie schon sehr gut essen.
Wer es besonders künstlerisch mag, mischt noch aus 1 EL Zitronensaft (wenn zu trocken, dann noch 1 EL heißes Wasser dazu) und 50 g Staubzucker eine Zitronenglasur. Diese dann einfach mit einem Löffel quer über den Kuchen spritzen, dass weiße Farbkleckser entstehen.
Wichtig: unbedingt mit geschlagenem Schlagobers (mit 1 P. Vanillezucker) und lieben Freunden und einem oder zwei Kaffee genießen 😉